Corona in Südafrika

Nach einem der striktesten Lockdowns weltweit, lockerte Südafrika die Maßnahmen relativ schnell wieder. Die Folgen machen sich in der derzeitigen "zweiten Welle" bemerkbar. Das Land Südafrika ist hart von der Corona-Pandemie betroffen. Ein Überblick.

Veröffentlicht am: 20.02.2021, Jessica Bönn

Vor einem Jahr

Beginn der Covid-Chroniken in Südafrika. 5. März 2020

Gesundheitsminister Zweli Mkhize verkündete am 5. März 2020 die erste positive Testung im Land. Die Pandemie erhielt Einzug nach Südafrika mit einem männlichen Patienten, der im März 2020 von einer Italienreise zurück nach Südafrika kehrte. Präsident Cyril Ramaphosa verkündete darauf folgend am 15. März 2020, und damit relativ schnell nach der Feststellung des ersten bestätigten Patienten im Land, den nationalen Notstand. Mit beinahe sofortigen Grenzschließung, der Schließung aller Schulen vom 18. März an und einem nationalen “Shutdown” mit dem Verkaufsverbot von Alkohol & Tabak, sowie einer Ausgangssperre und einem erlaubten Radius von nur 5 Kilometern außerhalb des eigenen Wohnortes, führte Südafrika einen der härtesten Lockdowns der Welt durch. Selbst das Militär wurde hinzugerufen, um die Verbote, wenn nötig gewaltsam, durchzusetzen.


Den Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke erklärte die Regierung mit der Entlastung der Notaufnahmen der Krankenhäuser. Dieses Verbot galt nicht nur für Bars, sondern auch für Supermärkte bzw. Alkoholläden und war durchaus begründet, da Südafrika große Probleme mit vielen durch Alkohol verursachte Verkehrsunfälle hat, sowie generell mit durch Alkohol hervorgerufene Gewalt. Auch andere große gesellschaftliche Probleme wie die hohe Kriminalität, Gewalt und Gewalt gegen Frauen (#genderbasedviolence) werden die Entscheidung hin zu einem temporären Alkoholverbot begünstigt haben.

Zahlreiche Krankenhäuser berichteten in der Verbotszeit, dass weitaus weniger Gewaltopfer und Verunfallte in die Notaufnahmen eingeliefert wurden. Auf der anderen Seite hingegen beschädigt das strikte Alkoholverbot unglaublich viele Arbeitsplätze im Land, die mit der Alkoholindustrie und der Weinbranche, bspw. aus den Kapstädter “Winelands”, zusammenhängen.


Die zweite Corona-Welle nahm im Dezember 2020, während Südafrikas Hochsommer und eigentlicher Hauptsaison, Fahrt auf. Folglich wurden die Maßnahmen wieder deutlich verschärft, der Verkauf von Alkohol wurde kurzerhand erneut verboten, Strände wurden geschlossen und auch die nächtliche Ausgangssperre wurde erneut verschärft.


Durch aktuell (Stand Februar 2021) immer noch sehr scharfe Restriktionen und/oder teilweise Wiedereinreisesperren in europäische Länder (wie bspw. Deutschland bedingt durch die neu aufgetretene Mutation aus Südafrika) sind die Touristenmassen in Südafrika dieses Jahr ausgeblieben. Besonders in Kapstadt macht sich dies bemerkbar - die großen Schlangen am Weltwunder Tafelberg bleiben aus, an den sonst dicht bepackten Stränden hörte man bis vor zeitweilig nur das Wasser. Auch wenn der Natur dieser Break sicher gut tut, ist die Pleite für die unzähligen Menschen, die von der Tourismusbranche leben, jedoch verheerend. 


Generell trifft Corona das Land Südafrika unglaublich hart. Auf dem afrikanischen Kontinent ist es mit nun rund 1 Mio. Infektionen das am stärksten betroffene Land. Offensichtlich lassen sich Empfehlungen wie “Händewaschen” oder “Social Distancing” für die in den dicht besiedelten Townships lebenden Menschen, die in winzigen Wellblechhütten leben und denen es schon an eigenen Wasserzugängen mangelt, nicht durchführen. 


Die Medien berichten davon, dass der afrikanische Kontinent bisher auf wundersame Weise verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen sei. Die BBC schreibt, dass der afrikanische Kontinent rund 17% der menschlichen Weltbevölkerung beheimatet, jedoch nur schätzungsweise 3% der gemeldeten weltweiten Todeszahlen durch Covid-19 ausmacht [1]. Natürlich werfen diese Zahlen Fragen auf. Zum einen wird der afrikanische Kontinent weitaus weniger testen als der europäische. Zum anderen lohnt sich aber auch ein Blick auf die Altersstruktur des Kontinents: Südafrika hat rund 58 Millionen Einwohner*innen. Es ist das Land mit den meisten Corona-Infektionen (rund 1,5 Millionen) und auch den meisten Corona-Toten (rund 48.000) in Afrika. Nur rund 3 Millionen Bewohner*innen der insgesamt rund 58 Millionen sind über 65 Jahre alt, das sind rund 5%. Vergleicht man beispielsweise Deutschlands bevölkerungsreichstes Bundesland NRW mit Südafrika, so ist zu sehen, dass allein NRW (mit rund 18 Millionen Einwohner*innen) 3,8 Millionen Menschen hat, die bereits über 65 Jahre alt sind, das sind rund 21%. Südafrika, und der afrikanische Kontinent generell, haben also eine deutlich jüngere Bevölkerung als bspw. Deutschland. 

Diese Altersstruktur könnte den afrikanischen Ländern im Hinblick auf die Pandemie zu gute kommen. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass eventuell schon mehr als ein Viertel der Südafrikanischen Bewohner*innen oder möglicherweise schon mehr als ein Drittel mit dem Coronavirus während der ersten Welle in 2020 infiziert wurden. Dies sind jedoch bislang nur Hypothesen. Auch die Sterbezahlen könnten aber in der Realität noch weitaus höher ausfallen.


Fest steht bereits, dass die Pandemie das Land Südafrika extrem hart getroffen hat und nun noch mehr Menschen als zuvor sowieso schon um ihre Existenz kämpfen. Zudem zeichnet sich in Südafrika derzeit ab, dass der dorthin gelieferte Impfstoff von AstraZeneca Risikopatienten bzw. schwere Verläufe nur unzureichend schützen kann. Es gilt die Situation weiter wachsam zu beobachten und Impfstoffe solidarisch zu verteilen.


[1]. BBC - https://www.bbc.com/news/world-africa-55333126